Tief hinein in die Schwandorfer Unterwelt

Schwandorf. Die geheimnisvollen, romantischen und auch ein wenig gruseligen Pfade führen tief in den Berg hinein. Ständig durchbrechen fein säuberlich heraus gemeißelte Abzweigungen die gelben Sandsteinwände. Neugier und die Furcht, sich in diesem größten Felsenkeller-Labyrinth der Oberpfalz zu verirren, ringen hart miteinander in der Besucher-Brust. Für Hans-Werner Robold, seit vielen Jahren der städtische Beauftragte und damit Hüter der Keller, überwiegt der anheimelnde Aspekt. Er kennt jeden Stollen, jede Steinformation, und unter seiner Ägide haben sich die geheimnisvollen Keller zu einer Besucher-Attraktion entwickelt.

Am Anfang war das Bier.

Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts gingen die Brauer vielerorts dazu über, untergäriges Bier herzustellen, um damit ein süffiges und lagerfähiges Gebräu zu erhalten. Weil aber dieser Gärvorgang nur bei konstanten Temperaturen unter 10 ° C funktioniert, brauchte man dafür geeignete Räume. So wurde es üblich, zu diesem Zweck Felsenkeller anzulegen. Mit ihrer über das ganze Jahr gleich bleibenden Kühle von 8 bis 9 ° C boten sie ideale Bedingungen für die Gärung und eine optimale Trink- und Lagertemperatur des Gerstensafts.

Den größten Durst in der Oberpfalz empfanden wohl die Bewohner jenes Marktfleckens an der Naab, der sich inzwischen zur Großen Kreisstadt gemausert hat. Denn das umfangreichste, komplexeste und wohl auch älteste Ensemble derartiger unterirdischer Anlagen in der Oberpfalz hat die Stadt Schwandorf zu bieten. Über 130 Felsenkellerräume wurden vom Ende des 15. Jahrhunderts bis ins frühe 20. Jahrhundert im Sandstein des Schwandorfer Berges angelegt. Sie bezeugen die einst rege Brautätigkeit und deren hohen Rang im damaligen Wirtschaftsgefüge der Großen Kreisstadt.

Die Erbauer dieser beeindruckenden, tief im Berg liegenden Keller, waren die hiesigen brau- und schankberechtigten Bürger. Gebraut werden musste in den beiden kommunalen, d. h. städtischen Brauhäusern an der Naab, weshalb man diese Leute Kommunbrauer nannte. Schon sehr früh wuchs das Braugewerbe in Schwandorf zu einem ansehnlichen Wirtschaftsfaktor und wird bereits im Jahr 1600 neben der Landwirtschaft und der Fischerei als wichtigste Einnahmequelle der Stadt und ihrer Bewohner bezeichnet.


Bild: Peter Hoffmann

Kellerdiebe treiben ihr Unwesen

In der Inflationszeit nach dem 1. Weltkrieg kam dann das Kommunbrauwesen zum Erliegen. Jetzt wurden die Felsenkeller vermehrt sekundär, z. B. zur Lagerung landwirtschaftlicher Produkte, aber auch von Wein, Spirituosen, Kaffee sowie Fleisch und Wurstwaren des hiesigen Metzgerhandwerks genutzt. Manche Räume fanden daneben als „Kühlschränke" für Lebensmittel des täglichen Bedarfs Verwendung. Dieses reichhaltige Angebot rief schließlich 1931/32 drei junge Burschen auf den Plan, die als "Kellerdiebe" in die lokale Historie eingehen sollten. Bei ihren „Raubzügen", die zumeist vor großen Festtagen stattfanden, durchbrachen sie Abmauerungen und natürliche Felswände in den Kellern und verbanden dadurch sieben voneinander unabhängige Felsenkellersysteme. Sie müssen somit als die eigentlichen „Schöpfer" des „Labyrinths", eines zusammenhängenden Komplexes aus über 60 Räumen angesehen werden.

Felsenkeller als Luftschutzbunker

Hatten die Felsenkeller in der Vergangenheit enorme Bedeutung und Anteil am steten wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, so sollten sie sich wenig später in einer anderen Funktion bewähren. Im Frühjahr 1945 wurden große Bereiche gerade noch rechtzeitig zu Luftschutzbunkern und Lazaretträumen aufgerüstet. Denn in der schicksalsschweren Nacht zum 17. April 1945 überflog früh um 3.52 Uhr ein britisch-kanadisches Geschwader die Stadt und bombte den größten Teil binnen wenigen Minuten in Schutt und Asche. Über 6000 Menschen suchten während dieses Angriffs Zuflucht in den Felsenkellern, allein im Hubmann-System des „Labyrinths" hielten sich 4000 Menschen in drangvoller Enge über viele Tage hinweg auf.

Bild: Peter Hoffmann

Die Felsenkeller als Sehenswürdigkeit

Obschon die Felsenkeller als Luftschutzbunker viele tausend Menschen vor Tod und Verderben bewahrt hatten, wurden sie nach dem Krieg dem allmählichen Verfall preisgegeben und ihr Schicksal schien besiegelt. Vor einigen Jahren jedoch erkannte man das Potential, das in ihnen als herausragende Sehenswürdigkeit der Stadt steckt und rückte sie wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung. Nach ihrem Eintrag in die Liste der geschützten Baudenkmäler, setzte es sich die Stadt Schwandorf zur Aufgabe, zumindest einen Teil der imposanten unterirdischen Anlagen vor dem weiteren Untergang zu retten und sie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Im Kulturkeller finden regelmäßig hochklassige Konzerte statt. Bild: Hans-Werner Robold

Es werden regelmäßige Führungen im sanierten „Labyrinth" mit seinen über 60 Räumen angeboten. Wer Geschichte gerne lebendig erleben will, kann auch an einer Schauspielführung mit der Regensburger Stadtmaus zu den Abenteuern der „Kellerdiebe" teilnehmen

Darüber hinaus gibt es im Kultur-Felsenkeller an der Fronberger Straße, der inzwischen bereits Kultstatus in Bayern hat, 14-tägig Veranstaltungen in den Musikrichtungen Blues, Rock, Pop, Folk und Country, aber auch in Kleinkunst und Kabarett. Über die aktuellen Angebote informiert Sie regelmäßig unser Nachrichten-Portal www.ostbayern-kurier.de (Stadt Schwandorf).



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