Staatswald wird als billiges Bauland missbraucht

Regensburg/Schwandorf. Das Rekordwachstum auf knapp 250.000 Mitglieder und Förderer zum Jahresende 2019 bewertet der BUND Naturschutz (BN) als kräftigen Rückenwind für den Natur- und Umweltschutz in Bayern. „Mit dem erfolgreichen Volksbegehren zur Rettung von Bienen und Bauern, den Klimaschutzdemonstrationen und der Rettung des Riedberger Horns haben wir im Jahr 2019 gemeinsam mit einer breiten Bürgerbewegung Bayern positiv verändert", so BN-Landesvorsitzender Richard Mergner. Als weiteren großen Erfolg des vergangenen Jahres betrachtet der BUND Naturschutz die Durchsetzung des „sanften Donauausbaus" ohne Staustufen. „Wir sehen diesen enormen Rückenwind als Chance und setzen alles daran, dass der Klima-, Natur- und Flächenschutz auch bei den Kommunalwahlen am 15. März eine entscheidende Rolle spielt", so Mergner. „Bei den sieben Oberpfälzer Kreisgruppen des BN ist und bleibt der Einsatz für den Schutz von Boden, Natur und Waldbeständen vor immer weiterer Bebauung Schwerpunkt Nummer eins", bilanziert Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des BN. „Daher werden wir 2020 in der Oberpfalz verstärkt für Flächenschutz und Walderhalt mobilisieren." Und da sieht der BN in der Oberpfalz reichlich Handlungsbedarf.

Wiederum war der Flächenschutz in der Oberpfalz 2019 ein besonders wichtiges Thema. Und dies, obwohl das Ziel, den Flächenverbrauch in Bayern auf 5 Hektar pro Tag zu reduzieren, wenn auch nur als Absichtserklärung, im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern steht. „Der BUND Naturschutz hat diese Zielsetzung der Bayerischen Staatsregierung begrüßt, doch nun steht noch immer der Beweis aus, dass freiwillige Vereinbarungen auf diesem Gebiet zu nennenswerten Ergebnissen führen. Leider erleben wir in vielen Teilen Bayerns, dass sowohl bei staatlichen Behörden als auch bei den Kommunen von einem Umdenken oder überhaupt nur von einer Sensibilität hinsichtlich des Flächenverbrauchs keine Rede sein kann", so BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.

Im Gegenteil werden nun sogar häufiger als noch vor einigen Jahren Bauplanungen auch auf Kosten von Waldflächen, teilweise sogar Staatswald, vorangetrieben. Und dies angesichts der beginnenden Klimakrise, wo doch bekannt ist, dass gerade in älteren Waldbeständen und in deren Waldboden hohe Mengen an Kohlendioxid gebunden sind. Daher wäre auch damit zu rechnen, dass durch entsprechende Rodungen erhebliche Mengen an Treibhausgasen kurz- und mittelfristig freigesetzt werden und dadurch die bayerischen Klimaziele konterkariert werden.

Staatswald als billiges Bauland missbraucht

„Doch es gibt offenbar etliche Kommunen und staatliche Planungsträger, die sich von einer Bebauung im Wald, und gerade auch im Staatswald, billiges und leicht verfügbares Bauland versprechen. Dadurch nimmt die Bedrohung einheimischer Wälder dramatisch zu", so BN-Regionalreferent Reinhard Scheuerlein. Daher ruft der BUND Naturschutz die Staatsregierung dazu auf, regelnd einzugreifen, da ohne ein entschiedenes Gegensteuern großflächige Waldverluste zu befürchten sind.

Vor diesem Hintergrund ruft der BUND Naturschutz die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die bevorstehende Kommunalwahl zur Umwelt- und Klimawahl zu machen und solche Kandidatinnen und Kandidaten zu unterstützen, die sich für Flächensparen, für Klimaschutz und für Walderhalt stark machen.

So ist der BN z. B. in Weiden Bestandteil eines neu gegründeten Aktionsbündnisses für den Erhalt eines stadtnahen Waldgebiets und gegen das geplante Gewerbegebiet Weiden West IV, das zu einem Waldverlust von ca. 650.000 Quadratmeter führen würde. Dort wurde die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren begonnen. Ebenso engagiert sich der BN für die Rettung großer Waldbestände vor einer Überbauung im Raum Amberg-Sulzbach wie auch gegen ein Gewerbegebiet in Waldflächen bei Teublitz.

Nach wie vor sehen sich die Oberpfälzer Kreisgruppen naturzerstörenden Straßenplanungen gegenüber, wie z. B. der Umfahrung von Teublitz (Lkr. SAD), wo sich der BN für den Erhalt des ökologisch wertvollen Eselweihergebiets engagiert.


Dezentrale Energiewende braucht keine Stromautobahnen

Das Jahr 2019 hat gezeigt: die Klimakrise ist längst in der Oberpfalz angekommen, wie erneut zu hohe Temperaturen und lange Trockenheit bewiesen haben. Dadurch hat - lokal unterschiedlich - in den hiesigen Wäldern ein Waldsterben 2.0 bisher unbekannten Ausmaßes eingesetzt. Um die heimische Natur zu schützen, sei die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels der Pariser Klima-Konferenz daher zwingend erforderlich.

Der BUND Naturschutz bedankt sich deshalb ausdrücklich bei den vielen Aktiven der Fridays for Future-Bewegung, die vor allem auch in Regensburg, Amberg, Weiden, Neumarkt und Schwandorf aktiv waren und es geschafft haben, dieses Thema ganz oben auf die politische und gesellschaftliche Agenda zu setzen.

Die dringend erforderliche Energiewende muss mit dem Dreiklang Energiesparen, Erhöhung der Energie-Effizienz und Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgen. "Zu letzterem kann und muss auch in Bayern die Windenergie an geeigneten Standorten einen erheblichen Beitrag leisten." Wenn sie mit Bürgerenergiegenossenschaften vorangetrieben wird, stärke sie im ländlichen Raum die Wertschöpfung vor Ort und damit die Regionalentwicklung. Dabei dürfe die 10-H-Abstandsregelung nicht maßgebend für den Standort eines Windrads sein, sondern allein regionalplanerische- und Naturschutzkriterien.

Zusammen mit vielen Bündnispartnern setzt sich der BN für eine dezentrale Bürger-Energiewende und gegen überdimensionierte Stromautobahnen durch die Oberpfalz ein. In diesem Sinne hat sich der BN 2019 auch mit Stellungnahmen und mit der Beteiligung an Protestkundgebungen und Erörterungsterminen zum Ersatzneubau der Hochspannungsfreileitung „Ostbayernring" und zur Bundesfachplanung für die HGÜ-Trasse „Südostlink" in Weiden und Regenstauf beteiligt. „Dabei steht für den BN fest, dass nur mit dem verstärkten Einsatz der dezentralen Energieerzeugung, v. a. durch Solar- und Windenergie, dieser breite Widerstand gegen Stromautobahnen in der Oberpfalz zum Erfolg führen kann", so BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.

Artenschutz – Jetzt auch auf europäischer Ebene

„Rund ein Jahr nach der überwältigenden Beteiligung der bayerischen Bevölkerung beim Volksbegehren für den Artenschutz erfordert dessen Umsetzung in neuen gesetzlichen Vorgaben die Abkehr von einem „Weiter so!" in vielen Bereichen. Schützende Uferrandstreifen an Bächen und Flüssen, mehr ökologische Landwirtschaft und ein wirksamer Biotopverbund für Bayern müssen jetzt realisiert werden", so BN-Landesbeauftragter Martin Geilhufe. „Darüber hinaus brauchen wir allerdings auch klare Regelungen für den Flächenschutz in Bayern und eine ökologische Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik".

Gerade um letztere zu fördern ruft der BUND Naturschutz die Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung am EU-weiten Bürgerbegehren „Bienen und Bauern retten!" auf. Bei dieser Europäischen Bürgerinitiative geht es darum, mit einer veränderten Agrarförderung sowohl das Insektensterben zu stoppen als auch die bäuerliche Landwirtschaft zu retten – und zwar europaweit. Dafür ist die Unterschrift sowohl auf ausliegenden Listen als auch im Internet möglich unter:

https://www.bund-naturschutz.de/aktionen/bienen-und-bauern-retten.html.


Alle Oberpfälzer Kreisgruppen führten ihr Engagement für den Artenschutz durch die Betreuung und Pflege sowie den Ankauf zahlreicher Grundstücke erfolgreich fort. Darüber hinaus sind auch schon derzeit, sehr frühzeitig im Jahr, alle Kreisgruppen bei der Rettung wandernder Amphibien aktiv. Für dieses Engagement suchen BN-Gruppen weitere Helferinnen und Helfer vor allem in den Landkreisen Schwandorf und Cham.

Besonders freut sich der BN über einen großen Zuwachs an Mitgliedern und Förderern im Jahr 2019. Mit zum Jahresanfang rund 247.000 Mitgliedern und Förderern erreicht der BUND Naturschutz (BN) den bisher höchsten Mitgliederstand seiner 106-jährigen Geschichte (+ 6,2 % gegenüber 2018). In der Oberpfalz verzeichnete der BN einen Zuwachs von Mitgliedern und Förderern auf 18.150 (+ 3,3 %).

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